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Weitere Materialien zur Kollisionsgefährdung der Feldlerche
Die Singflüge der Feldlerche reichen regelmäßig in große Höhen und dabei in Reichweite der Rotoren auch neuerer Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von ca. 160 m und einer oberen Rotorkante bei 240 m. Bevor weitere eigene Messungen vorgestellt werden, sollen zuerst einige Literaturstellen als Belege angeführt werden:
So ist im Handbuch der Vögel Mitteleuropas (Glutz von Blotzheim und Bauer 1985, Band 10.1, Artkapitel Feldlerche) auf S. 239 zu lesen: „Zum Fluggesang startet der Vogel gegen den Wind, steigt mit kurzhubigen Flügelschlägen fast senkrecht einige Meter lautlos auf, leitet dann den Gesang mit einigen langgezogenen, lockrufähnlichen ,,trieh“ oder ,,trlie“ ein und steigt im Spiralflug mit immer kleiner werdendem Radius bis in durchschnittlich 50–60 (80) m Höhe auf (maximale Singflughöhe > 400 m über Boden, MITCHELL, Brit. Birds 48, 1955, 62 und 50, 1957, 29; zur Sehschärfe s. PÄTZOLD 1975, 47).“ Für die Herkunft der Angaben zur durchschnittlichen Flughöhe gibt es dort keine Quellenangabe, während die maximale Singflughöhe von > 400 m über Boden auf zwei Einzelbeobachtungen von Mitchell (1955) zurückgeht, dem seine beiden Sichtungen als Pilot vom Flugzeug aus gelangen.
Konkrete Messungen zur Flughöhe des Feldlerchengesangs finden sich Daten Hedenström & Alerstam (1996), die auf Basis von 40 Messreihen als Maximalhöhen beim Aufstieg des Singfluges im Durchschnitt 135 m und im Maximum 223 m mittels Höhenmessung kamen. Für den Scheitel des Singfluges (der sich an der Aufstiegsphase anschließt) ermittelten die Autoren im Durchschnitt 120 m und als höchsten Wert 210 m.
Ermittelt man analoge Werte für den eigenen Datenbestand aus 2020, diesmal über die beispielhaft dargestellten Brutpaare in Schreiber (2020) auf die gesamten Erfassungen im Bereich des Gebietes Kalkriese, aus dem 4482 Registrierungen für 213 Messreihen vorliegen, so ergibt sich ein Mittelwert von 120,3 m, die maximale Höhe lag bei 296 m. Die Beobachtungen decken den Zeitraum vom 20.03. bis zum 18.07.2020 ab. Diese Werte, die keine Unterscheidung zwischen der Aufstiegsphase und der Höhe des dauerhaften Singflugs vornimmt, liegen sehr gut in dem von Hedenström und Alerstam (1996) ermittelten Bereich.
Für die Beurteilung des Kollisionsrisikos aussagekräftiger sind jedoch nach wie vor die Fluganteile, die in den Höhen erfolgen, in denen sich der Rotor befindet. Für das in der Abbildung ausgewertete Datenmaterial ist die Zahl der Messungen für Höhenstufen in 10-m-Klassen in der nachfolgenden Abbildung dargestellt zur Methodik siehe hier).
Die dargestellte Höhenverteilung ermöglicht es, das Risiko für verschiedene Anlagengrößen (Nabenhöhe, Rotorradius) abzuschätzen. Der Einsatz eines probabilistischen Ansatzes würde klare Aussagen darüber ermöglichen, bis zu welcher Überlappung eines Reviers mit dem Rotorradius eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos verursacht.
Es bleibt daher bei der Feststellung, dass ein massiv gesteigertes Tötungsrisiko immer dann zu verzeichnen ist, wenn das Gesangsrevier eines Feldlerchenpaares mit dem Rotorradius einer der Anlagen überlappt. Denn dann liegt aufgrund des Gesangsverhaltens der Feldlerche eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vor und nicht erst dann, wenn z.B. eine besonders hohe Besiedlungsdichte vorliegt. Denn auch in einem solchen Fall kann es vorkommen, dass von einer Anlage kein Kollisionsrisiko ausgeht.
In der von der Bundesregierung geplanten Neugestaltung des Artenschutzes wird es wichtig sein, neben anderen, bisher unberücksichtigten Vogelarten (z.B. Mäusebussard, Uferschnepfe, Bekassine) auch die Feldlerche als hochgradig kollisionsgefährdet einstuft und dies beim Ausbau der Windkraftnutzung berücksichtigt. Den Naturschutz- und Vogelschutzorganisationen kommt die Aufgabe zu, auch den Schutz dieser Art bei den Planungen zu berücksichtigen und sich nicht durch populationsbezogene Relativierungen, wie sie vom Bundesamt für Naturschutz vorangetrieben werden (vMGI, Bernotat und Dierschke 2021) in die Irre führen zu lassen.
BERNOTAT D, DIERSCHKE V (2021): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen Teil II.3: Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Windenergieanlagen (an Land) 4. Fassung, Stand 31.08.2021. 107 S.
Glutz von Blotzheim U, Bauer (1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 10.1. Wiesbaden
Hedenström A, Alterstam T (1996): Skylark optimal flight speeds for flying nowhere and somewhere. Behav. Ecol. 7 (2): 121 – 126