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Feldlerchen in der Nähe von Windkraftanlagen: Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko!
Nach wie vor wird die Feldlerche bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) als besonders kollisionsgefährdet ausgeblendet. Ihre Gefährdung soll deshalb anhand erster eigener Ergebnisse veranschaulicht werden.
2020 ergab sich die Gelegenheit, mit Hilfe eines Fernglases, welches Laser-gestützt und mit Hilfe eines Kompasses und eines Neigungsmessers Entfernungen und Koordinaten von Objekten misst und alle Werte über eine Bluetooth-Verbindung auf ein Tablet überträgt, die räumliche Verteilung von Singflügen der Feldlerche genau zu erfassen.
Einen ersten Eindruck liefern die Sichtungen aus einer Ackerlandschaft im Landkreis Osnabrück (siehe Abb.). In dem Ausschnitt siedelten 2020 fünf Brutpaare, für die von sieben Terminen (zwischen 18.04. – 01.06.2020) mit einer Erfassungszeit von 8,5 Stunden 1251 Messungen mit Höhen- und Ortsangaben vorliegen (der Gesamtdatenbestand mit ca. 10.000 Einzelmessungen aus fast 400 Messreihen zu dieser Art und umfangreiche weitere Messungen zu weiteren Arten harren noch einer vertiefenden Auswertung). In der Zeit wurden während 183 min (ca. 36 % der Erfassungszeit) singende Feldlerchen gemessen. Die tatsächliche Gesangsaktivität liegt aber höher. Denn bei den Messungen konnte immer nur ein einzelner Vogel verfolgt werden. Regelmäßig waren dabei jedoch weitere Feldlerchen zu hören. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Beobachtungszeit auch für die erfassten Tiere nur Mindestangaben darstellen, denn oftmals wurden die Vögel erst nach Minuten entdeckt, weil sie aufgrund der Höhe und Entfernung mitunter nur schwer ausfindig zu machen waren. Oder sie wurden wieder aus dem Blick verloren, weil sie vor der Sonne nicht weiter zu erfassen waren.
Berücksichtigt man, dass die Gesangsphase von Feldlerchen je nach Bruterfolg und Witterungsbedingungen in jedem Fall von März bis Juni, teilweise auch bis in den Juli hineinreicht und tageszeitlich der Schwerpunkt zwar in den Morgenstunden liegt, Gesang aber während des ganzen Tages vorgetragen werden kann, lässt sich in einer ersten groben Abschätzung feststellen, dass die erfassten Aktivitäten wohl höchstens ein Prozent der Gesamtaktivitäten über dieser Fläche abbilden und die Individuen des kleinen Feldlerchenbestandes in einer Saison zusammen sicher 300 Stunden singend über der Fläche zubringen. Die Abbildung veranschaulicht die räumliche Verteilung dieser Sichtungen und die festgestellten Flughöhen.
Die ermittelten Flughöhen verteilen sich wie folgt:
Höhenklasse |
Anzahl |
Charakterisierung in Bezug auf mittelgroße WKA |
Bis 30 m |
138 (11,03 %) |
Unkritische Flughöhe, die eine Kollision sicher ausschließt |
30 – 55 m |
209 (16,71 %) |
In der Regel unkritische Flughöhe, die nur in Ausnahmefällen (im oberen Bereich, bei plötzlichen Flugmanövern usw.) auch in kritische Situationen führen kann |
55 – 160 m |
726 (58,03 %) |
Risikobereich, in dem bei den minutenlangen Rundflügen (hier gemessen bis 15 min, andernorts beobachtet bis 45 min.) ein hohes Kollisionsrisiko besteht |
160 – 200 m |
176 (14,07 %) |
Wie bei Höhenklasse 30 – 55 m, wobei die zusätzlichen Risiken der Steig- und Sinkflüge zu berücksichtigen sind, die durch den Gefahrenbereich der Rotorhöhe und ggf. zu Kollisionen führen können. |
> 200 m |
2 (0,15 %) |
Für sich gesehen unkritisch, wobei als zusätzliche Risiken die Sink- und Steigflüge zu berücksichtigen sind, die durch den gefährlichen Höhenbereich führen. |
Deutlich mehr als die Hälfte aller Flüge (58 %) erfolgte in der kritischen Höhe des Rotors. Nimmt man hinzu, dass die Individuen, die in 14 % aller Fälle in Höhen oberhalb des Rotors ihre Singflüge ausgeführt haben, aufgestiegen und auch wieder gelandet sind, liegt der Anteil der Flüge in kollisionskritischen Höhen bei deutlich über 60 %.
Nimmt man die flächige und die Höhenverteilung zusammen, so ist bereits aus diesen ersten Ergebnissen ersichtlich, dass für ein Feldlerchenmännchen während der Singflüge ein hohes Kollisionsrisiko immer dann gegeben ist, wenn eine WKA in seinem Revier errichtet wird.
Dieses Risiko lässt sich sogar noch weiter konkretisieren: Geht man für die fünf Feldlerchen im Laufe einer Brutsaison von ca. 300 Stunden Gesangsflügen und 60 % der Flüge in risikoreichen Höhen aus, so errechnen sich pro Männchen ca. 36 Stunden (oder 2160 min) Gesangstätigkeit im Risikobereich. Legt man die mittlere Reviergröße der Feldlerche von 2,5 ha zugrunde (Bauer et al. 2005) und nimmt an, dass dieses flächendeckend und gleichmäßig „besungen“ wird, so resultiert für die kritische Höhenzone ein Raum von 2.625.000 m³ (Höhenzone 55 – 160 m x Revierfläche). In diesem kritischen Raum nimmt der drehende Rotor (im vorliegenden Beispiel ein Radius von 46 m, als kritische Zone wird ein Bereich von 2 m – inklusive Rotorblatt – angenommen: siehe auch maßstabgerechte Darstellung in der Abbildung.) ein Volumen von 13295 m³ an, was 0,51 % des angenommenen Gesangsraums über dem Revier entspricht. Bei gleichmäßiger Nutzung dieses Raumes entfallen im Laufe einer Brutsaison etwa 11 min der Gesangszeiten direkt auf den vom Rotor durchlaufenen Bereich. Dass damit selbst dann ein extrem hohes Tötungsrisiko verbunden ist, wenn man ein gewisses Ausweichverhalten unterstellt, liegt auf der Hand (bzw. unter der Anlage).